Liebe Bergfreunde, liebe Mitglieder des Wasserburger Alpenvereins,
dieses Ostern 2020 ist völlig anders und wird uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben! Als Euer Vorstand möchte ich mich in dieser für uns noch nie da gewesenen schweren Zeit mit ein paar Worten an Euch wenden.
Wir alle haben wohl bis Ende Februar nicht mit solchen Auswirkungen der Corona-Krise gerechnet. Aber nun hat das Corona-Virus schnell die ganze Welt erreicht! Ein urzeitliches, winziges Wesen bringt unsere hochentwickelte Zivilisation ins Wanken. Wir hier in Deutschland können froh sein, dass wir so ein gut ausgebautes Gesundheitssystem haben. Das haben viele andere Länder nicht. Gerade die Ärmsten der Armen trifft es besonders hart. Vielleicht denken wir auch daran, stellen unsere hohen Ansprüche etwas zurück und verhalten uns hilfsbereit!
Wir hier in Deutschland kommen auch mit einer Ausgangsbeschränkung relativ glimpflich davon. Wir dürfen zumindest raus, um die wichtigsten Angelegenheiten zu erledigen, wir dürfen spazieren gehen und Sport treiben. In Italien z. B. dürfen die Leute das Haus nur verlassen, um zur Arbeit zu gehen oder um einzukaufen. Selbst den Freunden im Trentino oder im Sarntal ist es bei Strafe verboten, eine Bergtour sozusagen hinterm Haus zu machen.
Freilich hat es vielen von uns nicht gefallen, dass wir uns beim Alpenverein Wasserburg frühzeitig entschlossen haben, alle AV-Touren bis auf weiteres abzusagen und auch das AV-Büro sowie die Kletterwand zu schließen. Es wäre uns aufgrund der Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung sowieso nichts anders übrig geblieben. Dass auch Reisebusfahrten verboten wurden, bedeutete die Einstellung unserer Gemeinschaftsfahrten mit dem Strahlhuber-Bus. Dies ist eine schwere Belastung für die Busunternehmer, denn wie bei vielen Firmen brechen die Einnahmen weg. Da muss sich erst zeigen, wie staatliche Hilfen wirken und welche Betriebe das überstehen.
Wir Bergsteiger glauben, es trifft uns besonders hart, dass wir nicht mehr in die Berge gehen dürfen. Aber ich denke, dass wir uns mit Jammern in dieser Hinsicht zurückhalten sollten, denn andere haben viel schlimmere Sorgen und oft Existenzängste. Bei manchen geht es ums nackte Überleben, wie ich von einigen Fällen aus näherer Umgebung weiß!
Es ist zwar grundsätzlich nicht verboten in die Berge zu gehen, aber nicht erwünscht, denn es sollen die Rettungskräfte mit Bergeinsätzen verschont werden. Auch Unfallopfer, die Krankenhausbetten belegen, will man nicht. Überall sollen wir Abstand halten und das wird noch länger so bleiben. Immer mehr Menschen sieht man mit Mundschutz. Das medizinische Personal, die Rettungskräfte, Verkäuferinnen etc. machen einen tollen Job! Viele helfen anderen. – Bei mir als Polizeibeamtem geht der Dienst bisher normal weiter. Wir machen viele Kontrollen meist mit dem nötigen Fingerspitzengefühl bezüglich der Ausgangsbeschränkung – auch im Gebirge. Die Leute halten sich überwiegend an die Regeln und zeigen sich freundlich und verständnisvoll. Damit haben wir schon erreicht, dass sich das Corona-Virus nicht mehr so rasch ausbreiten kann und das Gesundheitssystem überlastet.
Wir Bergsteiger wollen natürlich auch eine Perspektive. Ich denke, die Corona-Krise wird uns noch mindestens bis ins Frühjahr 2021 beschäftigen. Lockerungen wird es und muss es geben! Bei allem Optimismus, den ich habe, glaube ich, dass Gemeinschaftsfahrten mit dem Bus und gemütliches Beisammensein in Hütten noch länger verboten sind, denn das Corona-Virus bleibt in der Welt und würde sich sofort wieder rasant verbreiten. Erst die Immunität mit durchlebter Krankheit oder nach einer Impfung verhindert die Ansteckung. Um eine neue Seuchenwelle zu verhindern, müssen ca. 60 Prozent der Bevölkerung immun sein. Davon sind wir noch weit entfernt. Leider! Aber welche Zukunftsaussichten haben wir Bergler dann? Ich kann mir vorstellen, dass vielleicht bald Kleingruppen in Pkw in die Berge fahren dürfen. Vielleicht müssen sie im Auto Mundschutz tragen? Die Hütten werden nur den Verkauf von Getränken und Speisen im Vorbeigehen anbieten dürfen. Verzehren muss man das dann in der Wiese unter Einhaltung der Abstandsregel. Die Busfahrten dürften vielleicht nächstes Jahr wieder erlaubt sein, evt. auch früher mit großen Sitzabständen? Genaues kann derzeit niemand sagen, denn wir haben die Krise noch nicht im Griff und sie kann von irgendwoher aus der Welt wieder zurückkommen.
Man muss auch sehen, wann die Grenzen für den touristischen Reiseverkehr wieder geöffnet werden. Gerade Österreich als Tourismusland wird rasch auf die Öffnung der Grenzen drängen, wohl aber nur mit Auflagen (Mundschutz, Gesundheitscheck).
Wann wir mit Vereinsaktivitäten langsam wieder beginnen können, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe meine AV-Radltour im Mai nach Triest auf 2021 umgebucht, denn die angezahlten Gelder in großer Höhe wären sonst weg. Sollten sich Möglichkeiten für Vereinsveranstaltungen abzeichnen, werden wir uns im Vorstand in einem großen Raum oder im Freien treffen und darüber entscheiden.
Jetzt vorerst müssen wir alle versuchen mit dieser Situation zurecht zu kommen und ihr auch Positives abzuringen. Viele erleben Entschleunigung, haben Zeit für die engste Familie, erledigen längst aufgeschobene Arbeiten und kommunizieren mit anderen digital. Vieles hat sich verändert und das wird nicht nur negativ sein. Nach der Krise wird es nicht mehr so sein wie vorher. Die Erde und das Klima erleben eine Verschnaufpause. Viele solche Feststellungen liest und hört man überall. Manche sehen völlig schwarz, verzweifeln, vereinsamen, streuen Fake-News und Hassbotschaften. Diese schlimmen Seiten der Krise verinnerlichen wir Bergsteiger nicht! Die Zeit, wo wir raus in die Berge dürfen, kommt zurück und dann werden wir das besonders erfreut und intensiv erleben! In die Natur raus dürfen wir ja jetzt schon! Tun wir das und freuen wir uns darüber!
Wir halten durch und bleiben gesund! Unser Osterfest, das Fest der Auferstehung Christi feiern wir heuer anders, ganz anders! Gott sei mit uns!
Frohe Ostern!
Mit herzlichen Grüßen
Fritz Gottwald